FMI - der Podcast über aktuelle Themen und Forschungsergebnisse rund um die Immobilie

#9 Gewerbeimmobilien in der Corona-Krise


 

Lisa Deubelbeiss spricht über die Reaktion des deutschen Gewerbeimmobilienmarktes auf die COVID-19 Pandemie


 

FMI - Podcaster, Autor:innen
Lisa Deubelbeiss und Christian Huber

FMI - Datum der Episode
Episode vom: 22.03.2021

FMI - Dauer der Episode
Dauer der Episode: 07:32 Minuten

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Willkommen ^ 

In dieser Podcast Episode geht es um den Immobilienmarkt. Ganz konkret geht es dabei um Gewerbeimmobilien und die Folgen der Corona Krise. Bei mir zu Gast ist Lisa Deubelbeiss. Sie beschäftigt sich intensiv mit diesem Thema und sie gibt uns einen Einblick in die aktuelle Literatur dazu. Mein Name ist Christian Huber und ich freue mich sehr auf das gemeinsame Gespräch.

Immobilien-Krisen ^ 

Lisa, weshalb beschäftigst du dich mit der Reaktion des deutschen Gewerbeimmobilienmarktes auf die Corona-Krise?

Innerhalb der letzten 40 Jahre ist die Corona-Krise neben der Neuen-Markt-Krise im Jahre 2000 und der Weltfinanzkrise 2007 die dritte einschneidende Krise welche großen Einfluss auf das Leben der Menschheit und die Wirtschaft hat. Während der ersten Krise zwischen 2000-2003 wiesen Gewerbeimmobilien in Deutschland noch positive Renditen mit geringen Schwankungen auf. Während der zweiten Krise von 2007-2010 waren die Schwankungen immer noch gering, die Gesamtrendite lag im Zeitraum der Krise bei minus zwei Prozent. Der deutsche Immobilienmarkt erwies sich als sehr stabil. Nun stellt sich die Frage ob dieser auch der Corona-Pandemie Stand hält (Oldenburg 2020). Zu diesem aktuellen Thema gibt es Unmengen an Literatur, auf welche im weiteren Verlauf näher eingegangen wird. Jedoch fehlt eine strukturierte Aufarbeitung, in welcher die Entwicklung des deutschen Gewerbeimmobilienmarktes beginnend mit einem Rückblick auf die letzten Jahre, über den Verlauf 2020 hin zu einem Ausblick wie es möglicherweise weitergehen kann, dargestellt wird.

Forschung zu Immobilien in der COVID-19 Krise ^ 

Wie ist dazu der aktuelle Stand der Forschungsliteratur? Kannst du etwas im Detail von den Ergebnissen aus der Literatur berichten?

Durch den Beginn der Pandemie nimmt das stetige Aufstreben des deutschen Immobilienmarktes sein Ende. (Wuermeling 2020) Die Corona-Krise hat und wird die Wirtschaft weltweit anhaltend verändern. (Hoepfner 2020) Zur Eindämmung des Corona-Virus werden weltweit Kontaktbeschränkungen sowie social distancing angeordnet. Dies hat natürlich auch immense Auswirkungen auf die Wirtschaft und die wirtschaftlichen Beziehungen. Die ökonomische Interaktion wird aus gesundheitspolitischen Gründen lahmgelegt. (Kooths und Felbermayr 2020, S. 4) Aufgrund der zyklischen Entwicklung reagieren Gewerbeimmobilien extremer auf externe Schocks. Sichtbar wurde dies bereits zu Beginn der Krise durch das Aussetzen von Mietzahlungen großer Unternehmen. (Wuermeling 2020)

Gewerbeimmobilien waren in den vergangenen Jahren sehr gefragt. Das hat sich sicherlich seit Corona etwas geändert, oder?

Laut Hagl haben die Mieten sowie die Leerstandsquoten in den letzten Jahren Rekordwerte erzielt. Deutlich unter dem europäischen Durchschnitt lagen dabei besonders Berlin, München und Hamburg. Mittlerweile haben der Einzelhandel und die Hotellerie mit Mietausfällen zu kämpfen, während die Homeoffice-Bewegung den Büromarkt bedroht. (Hagl 2020) Wuermeling beschreibt die Preisentwicklung von Einzelhandelsimmobilien vor Corona bereits als schwach. Diese Richtung ist durch die Pandemie verstärkt zu erwarten. Wuermeling verweist auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes welche zeigen, dass der Textileinzelhandel im April 2020 einen 70 Prozent geringeren Umsatz zu verzeichnen hatte als im Vorjahr. Bei den restlichen Einzelhändlern belief sich der Umsatzrückgang auf 40 Prozent. Für diese Assetklasse wird ein Angebotsüberhang mit weiter sinkenden Preisen erwartet. Begründet wird dies durch Insolvenzen und fehlende Käufer. Welche Auswirkungen die Krise haben wird, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar festzustellen. Deutlich geworden ist jedoch, dass die Transaktionen von Objekten enorm abgenommen haben. Zudem herrscht durch die ungewisse Entwicklung eine Zurückhaltung der Marktteilnehmer. In Q2 2020 herrschte zu Beginn eine kurzfristige Unsicherheit über die Höhe der Umsatzausfälle, nun die langfristige Frage nach der Veränderung der Nachfrage in den Märkten der verschiedenen Assetklassen.

Herausforderungen & Chancen ^ 

Zeigen sich diese Effekte in allen Gewerbeimmobilien?

Da der Gewerbeimmobilienmarkt einen eher unvollkommenen Markt mit heterogenen Güter darstellt, wird sich der Einfluss in den einzelnen Teilmärkten stark unterscheiden. Es werden strukturelle Nachfrageeffekte bei Büroflächen und Hotels erwartet, jedoch bleibt hier die Entwicklung des Homeoffice abzuwarten. Im Einzelhandel zeigt sich ein differenziertes Bild zwischen dem stabilen Lebensmitteleinzelhandel und dem Non-Food-Bereich welcher aufgrund von E-Commerce bereits jetzt unter Druck steht. (Wuermeling 2020)

Just und Wiersma berichten, dass es durch Corona in 2020 ein starkes erstes Quartal gefolgt von einem Stillstand in März und April gab. Im Sommer nach Ende des Lockdowns herrschte kurzzeitig Entspannung bevor sich im Herbst wieder Zurückhaltung einspielte. Einzelhandels- sowie Hotelimmobilien sind nach Aussagen von Just und Wiersma vom Lockdown klar am meisten betroffen. Jedoch wird für Hotels mit einer Rückkehr zur Normalität gerechnet, da der Schock für diese Assetklasse als isoliert beschrieben wird. Im Einzelhandel hingegen ist davon, aufgrund der Strukturveränderung hin zu E-Commerce, nicht auszugehen. Die Logistikbranche wird aufgrund dieses E-Commerce Anstieges als Profiteur der Krise gewertet. Die deutschen Banken gehen im Bürosektor davon aus, dass sich die Nachfrage zwischen einem Rückgang von 30 Prozent und einem Anstieg von 20 Prozent bewegt. Jedoch gelten die Büroimmobilien im Vergleich zu Einzelhandels- oder Hotelimmobilien weiterhin als sehr risikoarmes Investment. (Just und Wiersma 2020) Auch Platt bestätigt in seinem Artikel, dass manche Assetklassen besonders betroffen sind, so sind beispielsweise aufgrund der fehlenden Reisetätigkeiten die Umsätze der Hotels weggebrochen und Einkaufzentren spüren die Bewegung hin zum Onlinehandel, welche durch die Krise beschleunigt wurde. Die Attraktivität dieser Nutzungsarten ist damit sehr gesunken.

Auf der Gewinnerseite sieht auch Platt klar Logistikimmobilien welche durch den Zuwachs an E-Commerce und des Versandvolumens profitieren. Büroimmobilien ordnet er zwischen diesen Klassen ein mit der Begründung, dass die Bürobranche kurzfristig noch nicht so stark von den Auswirkungen betroffen ist, langfristig jedoch eine verstärkte Homeoffice Nutzung den Bedarf an Büroflächen sinken lassen könnte. Der Vermögensverwalter Roch gibt im Interview mit Platt auch zu bedenken, dass einige Mieter der Assetklassen Hotel, Einzelhandel aber auch Büro ihre Mietzahlungen gestundet oder teilweise auch die Mietverträge gekündigt haben. Im Einzelhandel sind zudem oft Umsatzmieten vereinbart. Sebastian Steffen blickt im Interview mit Platt der Zukunft, aufgrund der laufenden Impfstoffforschung sowie der weiterhin zu erwartenden niedrigen Zinsen, hoffnungsvoll entgegen. Anleger müssten sich jedoch auf einen geringeren Wertzuwachs einstellen. (Platt 2020)

Fazit ^ 

Wenn du die einzelnen Ergebnisse vergleichst. Sind diese ähnlich, oder gibt es aus deiner Sicht Unterschiede, vielleicht so gar größere Abweichungen?

Alle Autoren und Forscher sind sich in der Literatur einig, dass es im Hinblick auf die Nutzungsarten Gewinner und Verlierer in dieser Pandemie gibt. Die Assetklasse Logistik profitiert eindeutig von der Krise während Büroimmobilien welche momentan noch nicht all zu sehr von den Auswirkungen betroffen sind durch den Homeoffice Anstieg eventuell mit einem Rückgang rechnen müssen. Als Verlierer gehen klar die Hotel- sowie Einzelhandelsbranche im Textilbereich hervor. Dabei wird erwartet, dass sich die Hotelbranche langfristig wieder erholen wird, Corona für den Einzelhandel jedoch als Brandbeschleuniger gewirkt hat.

Outro ^ 

Lisa, danke für den Einblick in dieses sehr aktuelle Thema. Danke für die Übersicht der aktuellen Studien und Einschätzungen. Das war die Podcast-Episode zum Gewerbe-Immobilienmarkt und den Auswirkungen der Corona-Pandemie mit Lisa Deubelbeiss und Christian Huber.


Literaturverzeichnis ^ 



Alle Literaturangaben sowie die Zitate wurden von den jeweiligen Studierenden erstellt. Diese folgen keinem einheitlichen Regelwerk und sind nicht auf Mängel geprüft. Die Urheberschaft für die Interview-Texte liegt bei den jeweiligen Studierenden.

 

 
Episode 9 - Gewerbeimmobilien in der Corona-Krise. Christian Huber im Gespräch mit Lisa Deubelbeiss
 

 

 

 

Copyright CC-BY-SA | Lisa Deubelbeiss und Christian Huber | 10.06.2021 | Impressum | Datenschutz