FMI - der Podcast über aktuelle Themen und Forschungsergebnisse rund um die Immobilie

#1 Building Information Modeling (BIM) - Heraus­forderungen & Chancen


 

Alexander Oeckl berichtet über aktuelle Literatur zum Stand von Building Information Modeling (BIM) in der Bau­wirtschaft, die Heraus­forderungen und zukünftige Entwicklung.


 

FMI - Podcaster, Autor:innen
Alexander Oeckl und Christian Huber

FMI - Datum der Episode
Episode vom: 01.12.2020

FMI - Dauer der Episode
Dauer der Episode: 40:58 Minuten

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Building Information Modeling (BIM) ^ 

In dieser Podcast Episode geht es um die Digitalisierung im Immobilienbereich. Hier ist besonders das Building Information Modeling (auch als BIM abgekürzt) in aller Munde. Was ist diese BIM überhaupt? Wie ist es entstanden? Welche Chancen, aber auch welche Hürden bzw. Herausforderungen gibt es bei der Einführung und Nutzung. Bei mir zu Gast ist Alexander Oeckl. Er hat sich intensiv mit BIM befasst und berichtet uns über den derzeitige Forschungsstand. Neben dem Bericht, wie sich BIM entwickelt hat gibt er uns einen Ausblick was BIM in Zukunft bewirken könnte. Mein Name ist Christian Huber und ich freue mich sehr auf das Gespräch.

Alexander, was versteht man unter der Digitalisierung im Immobilienbereich und hier insbesondere unter BIM?

Durch den immer weiter fortschreitenden digitalen Wandel stehen der deutschen Baubranche in den kommenden Jahren große Herausforderungen bevor. Als Synonym für den digitalen Wandel steht in der Baubranche hierbei der Begriff des Building Information Modeling‘s (BIM). Die Prozessabläufe von der Planung bis zum Betrieb eines Gebäudes wird mit BIM in allen Gewerken gänzlich verändern.

Die flächendeckende Einführung von BIM erfordert einen hohen Aufwand hinsichtlich Zeit und Kosten, eröffnet jedoch großes Potenzial für eine neue Dimension der integralen Gebäudeplanung. Im Gegensatz zur 2D-Planung können virtuelle Gebäudemodelle durch die Anbindung von Datenbanken eine hohe Informationstiefe erreichen.

Oftmals wird laut Lambertz et al. in der Studie „Die BIM Methode“ unter BIM fälschlicherweise nur die Umsetzung von dreidimensionalen Modellen verstanden. Innerhalb des 3D-Modells sind die in BIM enthaltenen Bauteile genau in ihren visuellen, technischen und funktionalen Eigenschaften beschrieben. Zusätzlich bietet die BIM-Methodik die Integrierbarkeit und Vernetzung von deutlich mehr Dimensionen an, die gerade im Facility Management erhebliche Chancen bieten. Bereits die grundlegende Einführung der Methode bereitet der Baubranche große Schwierigkeiten, weshalb potenzielle Dimensionserweiterungen bislang größtenteils unbekannt sind (vgl. Lambertz, et al., 2019).

BIM revolutioniert die Bauwirtschaft?! ^ 

Warum sollte sich gerade in der Bauwirtschaft die Digitalisierung durchsetzen?

Hier berichtet beispielsweise Brossardt in „Potenziale der Digitalisierung in der Baubranche heben Digitales Planen und Bauen“, dass die Bauwirtschaft sowohl gemessen an ihrem Wertschöpfungsbeitrag als auch an den Beschäftigten zu den wichtigsten Branchen in Deutschland zählt. Sie steht für enorme Investitionssummen und eine erfolgreiche Umsetzung von Bauvorhaben, welche sowohl in der Privatwirtschaft als auch für die Gesellschaft insgesamt eine Schlüsselrolle spielt. Gleichwohl gibt es hier noch massive Potenziale zu heben, wie nicht zuletzt ein Fehlerkostenanteil am Branchenumsatz von durchschnittlich rund 11 Prozent belegt. Die ist Grund genug, einen vertieften Blick auf die Chancen und Herausforderungen zu richten, die die Digitalisierung für die Bauwirtschaft birgt. Der entscheidende erster Schritt ist hierbei die Einführung des Building Information Modeling. Dies erfordert aber zugleich ganz neue Prozesse und sowie eine Anpassung der tradierten Honorarordnung (vgl. Brossardt, 2018).

Kannst du uns ein bisschen näher beschreiben, welche Prozesse hier angepasst werden müssen?

Vergleicht man hier Borrmann et al., aus „Digitales Planen und Bauen Schwerpunkt BIM“ gehen in der heutigen, kaum digitalisierten Baubranche viel zu oft wertvolle Informationen infolge der vorherrschenden Informationsübermittlung durch gedruckte Baupläne oder nur eingeschränkt weiterverwendbare Digitalformate verloren. Derartige Informationsbrüche treten über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks auf: angefangen bei den verschiedenen Phasen der Planung, über die Ausführung und die lange Phase der Bewirtschaftung bis hin zum Um- bzw. Rückbau des Bauwerks. Die Planung und Realisierung von Bauwerken ist ein komplexer Vorgang mit einer Vielzahl von Beteiligten aus unterschiedlichen Fachdisziplinen. Für das Gelingen eines Bauvorhabens sind eine kontinuierliche Abstimmung und ein intensiver Informationsaustausch erforderlich. Letzterer basiert heute größtenteils auf dem Austausch von technischen Zeichnungen, die Gebäudeinformationen vor allem in grafischer Form von Schnitten, Grundrissen und Detailzeichnungen wiedergeben. Die eingesetzten Software-Produkte zum Erstellen derartiger Zeichnungen imitieren dabei die Jahrhunderte alte Arbeitsweise mit dem Zeichenbrett. Pläne werden hierbei meistens baubegleitend entwickelt. Wöchentlich geänderte Planwerke sind keineswegs die Ausnahme. Die zuverlässige Verteilung der aktuell gültigen Dateiversionen zu allen Betroffenen setzt umfangreiches Informationsmanagement voraus. Strichzeichnungen können in der Regel nicht vom Computer interpretiert werden, d. h. die darin enthaltenen Informationen können zum großen Teil nicht automatisiert erschlossen und verarbeitet werden. Die Verbindung zwischen dem Detail im Bauplan und den jeweils mit diesem Bauteil verbundenen Produktions- und Kostendaten geht verloren. Dadurch bleibt das große Potential, das die Informationstechnologie zur Unterstützung der Projektabwicklung und Bewirtschaftung bietet, so gut wie ungenutzt. Eines der schwerwiegendsten Probleme aber liegt jedoch darin, dass die Konsistenz der verschiedenen technischen Zeichnungen heute häufig nur manuell geprüft werden kann. Daraus ergibt sich eine massive Fehlerquelle insbesondere hinsichtlich der Tatsache, dass die Gebäudeinformationen über eine Vielzahl von Plänen verstreut vorliegen und diese von unterschiedlichen Fachplanern erstellt werden. Bauwerke werden mit enormer Arbeitsteilung erstellt. Für zahlreiche Einzelleistungen wird jeweils eine Spezialfirma oder sogar ein spezialisierter Planer in das Projekt eingebunden. Besonders bei auftretenden Änderungen – die heute i. d. R. mithilfe einer entsprechenden Markierung im betreffenden Plan gekennzeichnet werden – können sich schnell Unstimmigkeiten und Fehler ergeben, die häufig erst während der Bauausführung entdeckt werden und dann zu enormen Folgekosten führen. (vgl. Borrmann, Lang & Petzold, 2018 S. S 8-9)

Diese Fehler werden auch in der Studie des IFB „Analyse der Entwicklung der Bauschäden und der Bauschadenskosten“ aus dem Jahr 2015 sowie auch in einer Pressemitteilung der BauInfoConsult GmbH im Jahr 2014 beschrieben. Hierin wird beispielsweise auf die derzeit stark zunehmenden Schadensfälle im Bauwesen hingewiesen, welche weitgehend auf Fehler in der Planung, Ausführungsplanung und Bauüberwachung zurückzuführen sind (vgl. IFB, 2015, BauInfoConsult GmbH, 2014).

Der Umfang des Fehlerkostenanteils am gesamten Branchenumsatz liegt im Schnitt, wie bereits eingangs erwähnt, bei rund 11 Prozent, was einer Summe von 10,5 Milliarden Euro – bezogen auf den statistisch erfassten baugewerblichen Gesamtumsatz im Jahr 2013 entspricht (vgl. BauInfoConsult GmbH, 2014).

Auch wenn sich laut Borrmann, Lang & Petzold in „Digitales Planen und Bauen Schwerpunkt BIM“, aufgrund der fehlenden flächendeckenden Erfahrung mit Digitalisierungstechniken im deutschen Bauwesen derzeit keine konkreten Zahlen ableiten lassen, so kann dennoch davon ausgegangen werden, dass sich dadurch eine verbesserte Planung und Abstimmung über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg sicherstellen lässt, was zu einer deutlichen Reduktion der Fehleranfälligkeit beitragen dürfte. Digitale Technologien können also helfen, die Informationsverluste durch Brüche im Informationsfluss, im Zeitablauf eines Bauvorhabens, sowie im Lebenszyklus von Immobilien signifikant zu senken. Das mit Abstand wichtigste Instrument in dieser Hinsicht ist jedoch das Konzept des Building Information Modeling (BIM) (vgl. Borrmann, Lang & Petzold, 2018 S. S 10).

Warum ist hier das Building Information Modeling (BIM) das wichtigste Instrument?

Die Idee des Building Information Modeling setzt genau am Schwachpunkt den Informationsbrüchen an. Durch die BIM-Methode bestehen weitaus tiefgreifendere Möglichkeiten zur Computerunterstützung bei Planung, Bau und Betrieb von Bauwerken, da Bauwerksinformationen nicht in Zeichnungen abgelegt, sondern in Form eines umfassenden digitalen Bauwerksmodells erstellt, vorgehalten und weitergegeben werden. Die Koordination der Planung, die Anbindung von Simulationen, die Steuerung des Bauablaufs und die Übergabe von Gebäudeinformationen an den Betreiber können dadurch deutlich verbessert werden. Durch den Wegfall von Neueingaben und die konsequente Weiternutzung digitaler Informationen wird aufwändige und fehleranfällige Arbeit vermieden und ein Zuwachs an Produktivität und Qualität erzielt.

Heindorf zeigt in „Der Einsatz moderner Informationstechnologien“ zudem, dass andere Industriezweige, wie beispielsweise die Automobilindustrie, schon länger auf eine durchgängige modellgestützte Produktentwicklung und -fertigung setzen, und somit dadurch erhebliche Effizienzgewinne erzielen konnten. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Bauwesen anderen, zum Teil sehr schwierigen Randbedingungen unterworfen ist: Die Prozess- und Wertschöpfungskette liegt beispielsweise nicht in der Hand eines einzelnen Unternehmens, sondern ist über eine Vielzahl von Unternehmen (Architekturbüros, Fachplaner, Baufirmen) verteilt (vgl. Heindorf, 2010).

das ist Building Information Modeling (BIM) ^ 

Was versteht man denn genau unter einem Building Information Model?

Borrmann, et al. beschreiben 2015 in „Building Information Modeling: Technologische Grundlagen und industrielle Praxis“, dass man unter einem Building Information Model (BIM) ein umfassendes digitales Abbild eines Bauwerks mit großer Informationstiefe verstehen kann. Dazu gehören neben der dreidimensionalen Geometrie der Bauteile vor allem auch nicht-geometrische Zusatzinformationen, wie Typinformationen, technische Eigenschaften oder Kosten. Der Begriff Building Information Modeling beschreibt dementsprechend den Vorgang zur Erschaffung, Änderung und Verwaltung eines solchen digitalen Bauwerkmodells mit Hilfe entsprechender Softwarewerkzeuge (vgl. Borrmann, et al., 2015).

Auch der BMVI sieht im erweiterten Sinne, dass dieser Begriff jedoch auch verwendet wird, um damit die Nutzung dieses digitalen Modells über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerks hinweg zu beschreiben – also von der Planung, über die Ausführung bis zur Bewirtschaftung und schließlich zum Rückbau. Insbesondere hierbei liegt das enorme Potential der BIM-Technologie: Wenn über die einzelnen Phasen hinaus Daten konsequent weitergenutzt werden, kann die bislang übliche aufwändige und fehleranfällige Wiedereingabe von Informationen auf ein Minimum reduziert werden. Des Weiteren definiert es dementsprechend den Begriff Building Information Modeling wie folgt: „Building Information Modeling bezeichnet eine kooperative Arbeitsmethodik, mit der auf der Grundlage digitaler Modelle eines Bauwerks die für seinen Lebenszyklus relevanten Informationen und Daten konsistent erfasst, verwaltet und in einer transparenten Kommunikation zwischen den Beteiligten ausgetauscht oder für die weitere Bearbeitung übergeben werden.“ (BMVI, 2017)

Das BIM-Konzept ist nicht neu. In der Tat wurde schon durch Eastman 1974 in „An Outline of the Building Descrpition System“, bereits in den 1970er Jahren die ersten Forschungsarbeiten zum Aufbau und zum Einsatz virtueller Gebäudemodelle veröffentlicht (vgl. Eastman, et al., 1974).

Der Begriff Building Information Modeling wurde das erste Mal 1992 in einem Paper der Wissenschaftler van Nederveen und Tolman verwendet (vgl. van Nederveen, Tolman, 1992).

Eine weite Verbreitung erlangte der Begriff jedoch erst nach seiner Verwendung durch die Firma Autodesk in einem White Paper im Jahr 2003 (vgl. Autodesk, 2003).

Mittlerweile stehen äußerst leistungsfähige Softwarewerkzeuge zur Verfügung, sodass die zunächst nur theoretisch entwickelten Konzepte heute Eingang in die industrielle Praxis gefunden haben.

BIM vs. CAFM ^ 

Aber was unterscheidet denn BIM zu einem Computer Aided Facility Management (kurz auch CAFM genannten) System?

Das auffälligste Merkmal eines Building Information Model ist die dreidimensionale Modellierung des Bauwerks, die das Ableiten von konsistenten 2D-Plänen für Grundrisse und Schnitte ermöglicht. Wesentlich ist aber, dass BIM-Entwurfswerkzeuge im Unterschied zu reinen 3D-Modellierern einen Katalog mit bauspezifischen Objekten anbieten, der vordefinierte Bauteile wie Wände, Stützen, Fenster, Türen etc. beinhaltet. Diese Bauteilobjekte kombinieren die oftmals parametrisierte 3D-Geometriedarstellung mit weiteren beschreibenden Merkmalen und definieren Beziehungen zu anderen Bauteilen. Die Arbeit mit diesen Bauteilen ist unter anderem deshalb notwendig, um später Pläne aus dem BIM abzuleiten, die den geltenden Vorschriften und Normen entsprechen. Daneben erlaubt die bauteilorientierte Modellierung eines Bauwerks vor allem auch die unmittelbare Anwendung unterschiedlichster Analyse- und Simulationswerkzeuge.

Hierbei sind softwareseitige Synergien mit anderen Branchen, in denen die digitale Transformation bereits viel weiter fortgeschritten ist, wie der Maschinen-, Fahrzeug- und Elektroindustrie, durchaus gegeben. So werden mitunter die hoch leistungsfähigen CAD-Systeme dieser Branchen auch für die Modellierung von Gebäuden und anderen Bauwerken eingesetzt. Allerdings erfordern die spezifischen Randbedingungen des Bauwesens, u. a. die notwendige Tiefe des Informationsaustauschs in der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit und die generelle Trennung von Planung und Ausführung, in der Regel die Nutzung bauspezifischer Softwaresysteme für die Umsetzung der BIM-Methodik. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal zu den Informationsmodellen der „stationären“ Industrie ist die vermehrte Integration von Semantik, d. h. von Bauteiltypen, Attributen und Beziehungen, in die BIM-Modelle.

Kannst du uns das ein bisschen detaillierter erläutern? Wie findet diese Semantik in BIM statt?

Das kann man am besten von Jernigan 2008 in „BIG BIM little Bim: The Practical Approach to Building Information Modeling“, am Beispiel einer Projektabwicklung und den verschiedenen Ausprägungen des BIM darstellen: Die einfachste Unterscheidung Erfolgt zwischen den Begriffen „BIG BIM“ und „little bim“ vorgenommen. Dabei bezeichnet little bim die Nutzung einer spezifischen BIM-Software durch einen einzelnen Planer im Rahmen seiner disziplinspezifischen Aufgaben. Mit dieser Software wird ein digitales Gebäudemodell erzeugt und Pläne abgeleitet. Die Weiternutzung des Modells über verschiedene Softwareprodukte hinweg geschieht nicht. Ebenso wenig wird das Gebäudemodell zur Koordination der Planung zwischen den beteiligten Fachdisziplinen herangezogen. BIM wird in diesem Fall also als Insellösung innerhalb einer Fachdisziplin eingesetzt, wobei die Kommunikation nach außen weiterhin zeichnungsgestützt abgewickelt wird. Zwar lassen sich mit little bim bereits Effizienzgewinne erzielen, das große Potential einer durchgängigen Nutzung digitaler Gebäudeinformationen bleibt jedoch unerschlossen. Im Gegensatz dazu bedeutet BIG BIM die konsequente, modellbasierte Kommunikation zwischen allen Beteiligten über alle Phasen des Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg. Für den Datenaustausch und die Koordination der Zusammenarbeit werden in umfassender Weise Internetplattformen und Datenbanklösungen eingesetzt (vgl. Jernigan, 2008).

Dazu stellt Gallaher, et al. in „Cost Analysis of Inadequate Interoperability in the U.S. Capital Facilities Industry“, die Frage, ob ausschließlich Softwareprodukte eines Herstellers eingesetzt und für den Datenaustausch entsprechende proprietäre Schnittstellen genutzt werden, oder ob offene, herstellerneutrale Datenformate zum Einsatz kommen, die den Datenaustausch zwischen Produkten verschiedener Hersteller ermöglichen. Zwar bieten einzelne Softwarehersteller eine erstaunliche Palette von Softwareprodukten für das Bauwesen an und können damit eine große Bandbreite der Aufgaben in Planung, Bau und Betrieb abdecken. Allerdings wird es auch weiterhin Lücken geben, bei denen Produkte anderer Hersteller zum Einsatz kommen müssen. Die Heterogenität der Softwarelandschaft ergibt sich darüber hinaus insbesondere aus der Vielzahl der beteiligten Fachdisziplinen und der Verteilung der Aufgaben über verschiedene Unternehmen. Das sich daraus ergebende Problem der mangelnden Interoperabilität verursacht enorme Kosten: 2004 führte das US-amerikanische Institut für Standards und Technologie (NIST) eine Studie durch, die die im Jahre 2002 bei Planung, Ausführung und Betrieb anfallenden Mehrkosten infolge mangelnder Interoperabilität zwischen den eingesetzten Softwaresystemen mit 15,8 Milliarden US-Dollar bezifferte (vgl. Gallaher, et al., 2004).

Um dieser enormen Verschwendung von Wirtschaftskraft zu begegnen und den Datenaustausch zwischen Softwareprodukten des Bauwesens zu verbessern, gründete sich Anfang der 1990er Jahre die Internationale Allianz für Interoperabilität (IAI), eine internationale Non-Profit-Organisation, die sich 2003 in buildingSMART umbenennt, hat. Ihr ist es gelungen, ein herstellerunabhängiges Datenformat zur umfänglichen Beschreibung von Bauwerksmodellen zu schaffen, das den Namen Industry Foundation Classes (IFC) trägt. Das Datenmodell beinhaltet umfangreiche Datenstrukturen zur Beschreibung von Objekten aus nahezu allen Bereichen des Hochbaus. Es wurde 2013 in den ISO-Standard 16739 überführt und bildet die Grundlage einer Vielzahl nationaler Richtlinien zur Umsetzung von Open BIM. In Deutschland befindet sich beispielsweise die DIN 16739 als Spiegelnorm kurz vor der Verabschiedung Es ist jedoch anzumerken, dass die Nutzung herstellerneutraler Formate heute noch nicht immer einwandfrei funktioniert und der Datenaustausch zum Teil fehlerbehaftet ist. Dies ist vor allem darin begründet, dass sowohl die Schaffung von Neutralformaten als auch deren korrekte Implementierung durch die Softwarehersteller technisch äußerst anspruchsvoll sind. Es gibt jedoch ausreichend Gründe für die Annahme, dass die verbleibenden technischen Probleme bald gelöst werden, wenn dieses Ziel von den Softwareherstellern mit der nötigen Ernsthaftigkeit verfolgt wird. Dies wird insbesondere davon abhängen, wie stark der Markt (bzw. die Bauherren) die Nutzung von Open BIM einfordert. Bedenkt man jedoch die negativen Auswirkungen, welche eine zu große Marktdominanz eines einzelnen Softwareherstellers mit sich bringen, ist die Philosophie des Open BIM in jedem Fall der bevorzugte Weg. (vgl. ISO 16739:2013)

BIM aktuell ^ 

Alexander, du beschäftigst dich intensiv mit BIM. Wie ist denn der derzeitige Stand der Verwendung in der deutschen Bauwirtschaft? Gibt es auch dazu Studien, von denen du berichten kannst?

Einer Studie von Roland Berger aus 2016 zu folge befindet sich momentan die deutsche Bauwirtschaft an der Schwelle zur BIM Einführung in der Breite. Zwar wird derzeit nur ein sehr kleiner Anteil der Bauprojekte BIM gestützt abgewickelt. Staatlicherseits sind, insbesondere im Bereich der Deutschen Bahn, bereits mehrere BIM-basierte Modellprojekte in der Umsetzung. Es laufen jedoch vielerorts die Vorbereitungen für den Umstieg auf das modellgestützte Planen und Bauen – dies reicht von der Erarbeitung von Normen und Richtlinien über die Durchführung von Pilotvorhaben bis hin zur Schulung einzelner Mitarbeiter. Zweifellos sind dafür finanzielle und zeitliche Investitionen von allen Seiten erforderlich, die sich aber durch die entstehenden Effizienzgewinne bezahlt machen werden. Im Vergleich aber zu anderen europäischen Ländern liegt die Verbreitung von BIM in Deutschland zurück. Zwar gibt es eine Reihe von innovativen Unternehmen, die BIM bereits erfolgreich einsetzen, ein flächendeckender Einsatz steht jedoch noch aus. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation nutzen aktuell nur 29 Prozent der Akteure der deutschen Baubranche BIM, 10 Prozent planen dies für die nahe Zukunft. (vgl. Roland Berger GmbH, 2016)

Eine Besonderheit der deutschen Bauwirtschaft und eine große Herausforderung bei der Einführung von BIM sieht der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie in seinem Statistikbericht aus 2020 in der starken Fragmentierung und der großen Anzahl von kleineren und mittelständischen Unternehmen, sowohl in den planenden Berufen als auch bei den Bauunternehmen und den Zulieferern. Die Struktur im deutschen Hauptgewerbe umfasste 2014 0,2 Prozent Großunternehmen, 1,4 Prozent mittlere Unternehmen, 7,8 Prozent kleinere Unternehmen und 90,5 Prozent Kleinstunternehmen nach dem jährlichen Umsatz kategorisiert (vgl. Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, 2020).

Zu einem fast identischen Ergebnis ist der BAK in seinem Bericht „Struktur und Gehaltsanalyse der Architekten und Planer 2018“ gekommen. Dieser zeigt auf, dass Rund 85 Prozent des Umsatzes durch KMUs erwirtschaftet werden, die über 91 Prozent der tätigen Personen beschäftigten. Im Bereich der Architektur ist eine ähnliche Struktur vorhanden. Der überwiegende Teil (79 Prozent) besteht aus kleinen Unternehmen mit weniger als 5 tätigen Personen. (Mit-) Inhaber mittelgroßer Büros mit 5 bis 9 tätigen Personen machen 13 Prozent aus. 8 Prozent sind (Mit-) Inhaber großer Büros mit 10 und mehr tätigen Personen. (vgl. BAK, 2018)

Laut Egger, et al. werden infolge dieser kleinteiligen Struktur die Prozessketten sehr stark aufgespaltet, wodurch Effizienzgewinne im Gesamtprozess, die mit BIM erschlossen werden, den wertschöpfenden Einzelunternehmen nicht zugutekommen. Da stattdessen von der Einführung von BIM vor allem diejenigen Unternehmen profitieren, die eine weiten Bereich der Wertschöpfungskette abdecken, führt die starke Fragmentierung dazu, dass die branchenweite Einführung von BIM gebremst wird und insbesondere die Bauherren diese vorantreiben müssen. Noch fehlt es in Deutschland an dringend benötigten Vorgaben und Richtlinien für die Abwicklung von BIM-Projekten. In den vergangenen Jahren gab es aber intensive Aktivitäten, um die BIM-Einführung voranzutreiben. Im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) wurde bereits 2013 der BIM-Leitfaden für Deutschland ausgearbeitet (vgl. Egger, et al., 2013).

Der Leitfaden definiert in der Studie von Eschenbruch, et al. aus 2014 „Maßnahmenkatalog zur Nutzung von BIM“, die notwendigen Begrifflichkeiten, gibt einen Überblick über den Stand der Einführung von BIM im In- und Ausland und beantwortet grundsätzliche Fragen zum Datenaustausch und zur Organisation der modellgestützten Zusammenarbeit. Ebenfalls im Auftrag des BBSR wurde ein Maßnahmenkatalog zur Nutzung von BIM in der öffentlichen Bauverwaltung erarbeitet. Das wichtigstes Ergebnis dieser Studie ist „dass die Einführung von BIM nicht an zwingenden Rechtsnormen scheitert. Speziell das gesetzliche Preisrecht der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) schließt die Umsetzung und Nutzung von BIM in der öffentlichen Bauverwaltung nicht aus, sondern erlaubt schon heute die Arbeit nach dieser Methodik“ (vgl. Eschenbruch, et al., 2014).

Vorteile mit BIM ^ 

Welche konkreten Vorteile würden denn in den einzelnen Phasen eines Bauvorhabens entstehen?

Mit der BIM-Einführung wird das strategische Ziel verfolgt, die Effizienz und Zuverlässigkeit des Bauwesens durch einen umfassenden Einsatz digitaler Technologien zu erhöhen. Dies betrifft die Kosteneffizienz, ebenso wie die terminliche Zuverlässigkeit und die Qualität der Bauwerke, beispielsweise im Sinne eines reduzierten Energieverbrauchs (vgl. Cabinet Office, 2011).

Borrmann, Lang & Petzold, sehen in ihrer Studie aus 2018 „Digitales Planen und Bauen Schwerpunkt BIM“, in der Umsetzung der BIM-Methodik für den Planungsprozess eine Vielzahl von Vorteilen. Bereits in frühen Entwurfsphasen werden die Vorteile der BIM-basierten Arbeitsweise sichtbar. In der Vorentwurfsplanung ermöglichen Modelle bzw. Modellvarianten (bestehend aus Raumzonen) approximative Kalkulationen und Simulationen von beispielsweise Kosten, Rendite, thermischer Behaglichkeit und Energiebedarf. Entwürfe und Entwurfsalternativen können mit den Bauherren direkt am 3D-Gebäudemodell diskutiert werden. Somit werden Entscheidungs- und Abstimmungsprozesse erleichtert und können valider gestaltet werden. Zusätzlich können Kollisionskontrollen zwischen den Teilmodellen der verschiedenen Gewerke durchgeführt werden, um auf diese Weise Konflikte frühzeitig zu erkennen. Des Weiteren können verschiedene Berechnungs- und Simulationsprogramme angeschlossen werden, die eine Vielzahl von Informationen, wie beispielsweise zur Gebäudegeometrie, direkt aus dem Modell übernehmen. Dazu gehören statische Nachweise ebenso wie Wärmebedarfsberechnungen, Evakuierungssimulationen und Beleuchtungsanalysen. Durch die enorme Informationstiefe, die ein Building Information Model bietet, kann der überwiegende Teil der benötigten Eingangsinformationen direkt aus dem Modell abgeleitet werden. Zudem wird durch den hohen Informationsgehalt im Hinblick auf die Qualität und Menge der eingesetzten Baustoffe die Erstellung von Ökobilanzen in relativ frühen Planungsphasen erleichtert. Durch den Einsatz von BIM, beispielsweise in der Planung, ergibt sich gegenüber den bisherigen Abläufen eine Aufwandsverlagerung. Bei der konventionellen Planung wird der Hauptaufwand zur Ausarbeitung des Entwurfs in späteren Phasen geleistet. Dies führt dazu, dass die Anwendung verschiedener Analyse- und Simulationswerkzeuge und die umfassende Bewertung des Entwurfs erst zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt möglich sind. Dadurch sind die Möglichkeiten zur Änderung des Entwurfs allerdings bereits sehr begrenzt bzw. führen zu erheblichen zusätzlichen Kosten (vgl. Borrmann, Lang & Petzold, 2018).

Im Gegensatz dazu verlagert der BIM gestützte Planungsprozess den Planungsaufwand in die frühen Phasen, in dem bereits hier ein umfassendes digitales Modell des Entwurfs geschaffen wird. Daraus ergibt sich der Vorteil, dass dieses Modell bereits in diesen frühen Phasen für erste Simulationen und Berechnungen verwendet werden kann. Auf diese Weise können unterschiedliche Entwurfsoptionen eingehend untersucht werden, was zu einem verringerten Aufwand in späten Planungsphasen und einer erhöhten Entwurfsqualität führt. Daten wie Mengen, Volumina und Flächeninhalte bilden wichtige Eingangsgrößen für die auftraggeberseitige Erstellung von Leistungsverzeichnissen im Rahmen der Ausschreibung und die bieterseitige Erstellung eines Angebots. Während diese Mengen bislang mühsam und fehleranfällig aus 2D-Plänen mittels händischer Berechnungen ermittelt werden mussten, erlaubt BIM eine direkte, modellgestützte Ermittlung. Die Bereitstellung eines digitalen Gebäudemodells im Rahmen der Ausschreibung erleichtert den Baufirmen hierbei die Aufwandsermittlung für die Angebotsabgabe. In der Folge werden Fehler beidseitig reduziert, Nachträge vermieden und eine höhere Kostensicherheit gewährleistet. Verknüpft man die Modellinformationen mit Informationen zum Bauablauf und zu den Kosten, erhält man ein sogenanntes 5D-Modell, das die Basis für eine modellgestützte Baufortschrittskontrolle und Abrechnung bilden kann. Jedoch nicht nur in der Planung, sondern auch die Vorbereitung und Begleitung der Bau-ausführung bietet die Nutzung von BIM enorme Vorteile. Die Nutzung eines digitalen Gebäudemodells ermöglicht sowohl ein präzises Controlling als auch eine klar dokumentierte Abrechnung gegenüber dem Auftraggeber. Mithilfe eines 4D-BIM, das durch Kombination der Bauteilobjekte mit den geplanten Fertigstellungszeiträumen erzeugt wird, kann der Bauablauf geprüft, etwaige Unstimmigkeiten bzw. räumliche Kollisionen frühzeitig erkannt und die Baustellenlogistik koordiniert werden. Und anschließend kann die Abrechnung von Bauleistungen sowie das Mängelmanagement wiederum anhand BIM realisiert werden. Zur Umsetzung stehen hierbei mobile Lösungen zur Verfügung, beispielsweise auf Tablets, die einen Vor-Ort-Zugriff auf das Modell erlauben. Weitere wesentliche Vorteile des BIM-Ansatzes ergeben sich aus der Nutzung des digitalen Gebäudemodells über die vergleichsweise lange Nutzungs- bzw. Bewirtschaftungsphase. Voraussetzung hierfür ist die Übergabe des BIM-Modells vom Planer (bzw. Ausführenden) an den Bauherrn, ggf. ergänzt um Informationen aus der Ausführung. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem As-built Model, das die tatsächliche Bauausführung einschließlich Änderungen an der Bauteilgeometrie bzw. den verbauten Einbauteilen und Geräten beinhaltet. Werden dem Bauherrn anstelle von „toten“ Zeichnungen hochwertige digitale Informationen in Form eines Building Information Models übergeben, kann er diese direkt für das Facility Management verwenden und dabei beispielsweise Informationen zu den Raumgrößen, Elektro- und Haustechnikanschlüssen direkt übernehmen. Besonders hilfreich für den Betrieb des Gebäudes sind Zusatzinformationen zu den verbauten technischen Geräten einschließlich der Wartungsintervalle und Garantiebedingungen. Wichtig ist die kontinuierliche Pflege des digitalen Gebäudemodells, d. h., dass alle Änderungen am realen Gebäude auch im digitalen Abbild entsprechend aufgeführt werden müssen. Falls es zu größeren Umbaumaßnahmen kommt oder das Gebäude am Ende seinen Lebenszyklus zurückgebaut wird, kann das Modell genauen Aufschluss über die verbauten Materialien geben und ermöglicht so eine umweltgerechte Entsorgung bzw. das Recycling von Bauteilen (vgl. Borrmann, Lang & Petzold, 2018).

BIM Zukunft ^ 

Wie sehen Sie die zukünftige Verwendung der BIM Technologie in der Bauwirtschaft?

Kurz um, BIM ist technologisch ausgereift, jedoch gibt es noch Hürden zu überwinden wie dies auch Borrmann, Lang & Petzold in ihrer Studie von 2018 beschreiben.

Dieser sieht dank der Verfügbarkeit von modernen Softwarewerkzeugen steht der Umsetzung der BIM-Methode in der Planungspraxis aus technischer Sicht heute nichts mehr im Wege. Die starke Fragmentierung der Prozesskette Bauen in einzelne Phasen (Entwurfsplanung, Ausführungsplanung, Ausführung, Bewirtschaftung), welche jeweils von unterschiedlichen Unternehmen realisiert werden. Dies führt jedoch dazu, dass der Eigenantrieb der Branche zur Einführung von BIM gering ausgeprägt ist, da die Effizienzgewinne in einzelnen Phasen nicht ausreichen, um die notwendigen Investitionen zu rechtfertigen. In der Folge muss der Bauherr den Einsatz von BIM fordern, steuern und unterstützen, um die phasenübergreifende Erhöhung der Qualität des Bauvorhabens im Sinne von Termin- und Kostensicherheit zu realisieren, von der er selbst am meisten profitiert. Hierbei nimmt wiederum die öffentliche Hand eine besondere Stellung ein, da sie den mit Abstand größten Bauherrn darstellt, und Vorgaben der öffentlichen Vorhabenträger Signalwirkungen für die gesamte Branche haben. Dies hat insbesondere die BIM-Einführung in Großbritannien gezeigt, die von staatlicher Seite erfolgreich initiiert und umgesetzt wurde, und in deren Ergebnis seit April 2016 alle öffentlichen Bauvorhaben zwingend gestützt durch BIM realisiert werden müssen. Hinzu kommt, dass BIM vor allem in den Ländern sehr weit vorangeschritten ist, in denen Total-übernehmer-Strukturen vorherrschend sind. Hier haben große Bauunternehmen ein-schließlich der integrierten Planungsabteilungen aus Eigeninteresse zügig und umfassend die BIM-Methode eingeführt, um von der Effizienzsteigerung zu profitieren. Während unternehmensinterne Prozesse jedoch keiner weiteren Regulierung unterliegen und eine Umstellung vergleichsweise einfach erfolgen kann, ist bei der unternehmensübergreifenden Nutzung von BIM die Schaffung von rechtlichen und normativen Rahmenbedingungen unabdingbar. In diesem Zusammenhang ist wiederum die britische BIM-Initiative zu nennen, in deren Rahmen in umfassender Weise BIM-Normen und Richtlinien erarbeitet wurden. Die dort erarbeiteten Vorgehensweisen haben starken internationalen Einfluss u. a. auf die ISO-Standardisierung und damit auch auf die BIM-Einführung in Deutschland. Die jüngsten Entwicklungen, insbesondere der BIM-Stufenplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der BIM-Erlass des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, lassen eine umfassende Einführung von BIM in Deutschland für die nahe Zukunft erwarten. Auf dem Weg dahin sind jedoch noch einige Herausforderungen zu meistern (vgl. Borrmann, Lang & Petzold, 2018).

Herausforderungen BIM ^ 

Welche Herausforderungen meinen die Autor:innen damit konkret?

Es bestehen Hemmnisse und entsprechender Handlungsbedarf in verschiedenen Feldern. Der Gesetzgeber, die Kammern und die Verbände sind an folgenden Stellen gefordert:

Egger et al. sehen in „BIM-Leitfaden für Deutschland“, als eines der größten Hemmnisse bei der Einführung der BIM-Technologie die derzeit geltende Fassung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HO-AI). Die strikte Unterteilung in Leistungsphasen und die damit verbundene Aufteilung der Vergütung macht das frühzeitige Erstellen eines umfassenden digitalen Modells zurzeit weniger attraktiv für die Planenden. Für einen flächendeckenden Einsatz der BIM-Technologie sind daher entsprechende Anpassungen notwendig (vgl. Egger, et al., 2013).

Auch sprechen sich Borrmann, Lang & Petzold in „Digitales Planen und Bauen Schwerpunkt BIM“, dass für eine erfolgreiche Abwicklung von BIM-Projekten eine detaillierte Festlegung der Arbeitsabläufe und Verantwortlichkeiten, insbesondere hinsichtlich der zu liefernden Modellinhalte und Modellqualitäten erforderlich ist. Eine nationale BIM-Richtlinie bildet in der Regel die Basis derartiger Festlegungen und berücksichtigt dabei die nationale Gesetzgebung und Vergütungsregelungen. Entsprechende Arbeiten wurden im Rahmen der VDI-Richtlinie 2552 begonnen, müssen nun aber zügig abgeschlossen und auf ihre Praxistauglichkeit überprüft werden. Es ist unbedingt notwendig, standardisierte Vorlagen für Auftraggeberinformationsanforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungspläne (BAP) zu schaffen, um damit eine einheitliche Herangehensweise in unterschiedlichen Bauprojekten zu gewährleisten. Ein wesentlicher Bestandteil muss die eindeutige Spezifikation von Modellinhalten zu festgelegten Projektmeilensteinen sein. Es ist darauf zu achten, dass für die Datenübergabe ausschließlich herstellerneutrale Schnittstellen eingesetzt werden. Dringend erforderlich ist es verfahrenstechnischen Rahmenbedingungen der Wettbewerbsordnungen an die Spezifika der Methodik BIM anzupassen, sowie die Konzeption und Entwicklung von Plattformen für BIM-gestützte Wettbewerbsverfahren voranzutreiben. Des Weiteren müssen die Auftraggeber des Hochbaus, insbesondere der öffentlichen Hand, aktiviert werden. Sie müssen den Einsatz von Building Information Modeling fordern und fördern. Dies darf auf keinen Fall bedeuten, dass die BIM-Einführung den Einsatz von Generalplanern oder gar Totalunternehmern zwingend erforderlich macht. Ansonsten würden vor allem die kleinen und mittleren Büros im Wettbewerb schlechter gestellt werden. Zudem muss vor allem für die Modellerstellung in frühen Phasen eine angemessene Vergütung sichergestellt werden. Hier kann der Staat die Entwicklung unterstützen, wenn er – gemeinsam mit seinen Auftragnehmern – auch aktiv die neu entstehenden Spielräume zur Automatisierung bei der Fertigung auf Baustellen, wie zur stärkeren Nutzung von Vorfertigung vorantreibt. Die Digitalisierung bietet gerade KMUs in der Bauindustrie Chancen, ihre Produktivität zu steigern, Wettbewerbsvorteile zu erzielen und zusätzliche Dienstleistungsfelder zu erschließen. Es gibt derzeit nur wenige Pilotprojekte für die Umsetzung der BIM Methodik in kleinen und mittleren Unternehmen. Daher müssen auf Landesebene Pilotprojekte mit wissenschaftlicher Begleitung initiiert bzw. bestehende Programme ausgebaut werden, um verlässliche Aussagen treffen zu können (vgl. Borrmann, Lang & Petzold, 2018).

Der BMVI fordert 2015 in seinem „Stufenplan Digitales Planen und Bauen“, auch die Einrichtung von qualifizierten Aus- und Weiterbildungsangeboten eine essentielle Grundlage für die digitale Transformation, beispielsweise durch die Architekten- und Ingenieurkammern sein muss. An berufsorientierten Schulen sollte die Thematik der Digitalisierung einen höheren Stellenwert erhalten und verpflichtend im Ausbildungsprogramm verankert werden. Vor diesem Hintergrund und der zahlreichen Aufgabenfelder, die sowohl die öffentliche Hand als auch die Unternehmen des Bereichs Bauen und Planen betreffen, empfiehlt sich schließlich die Einrichtung eines BIM-Kompetenzzentrums, das die vorhandene Expertise bündelt und als zentraler Ansprechpartner zu Verfügung steht (vgl. BMVI, 2015).

Fazit zum aktuellen Forschungsstand ^ 

Danke Alexander für diese ausführliche Darstellung des aktuellen Forschungsstandes zu Building Information Modelling. Was ist dein Fazit aus den Ergebnissen?

Die Untersuchung von Borrmann, Lang & Petzold ist 2018 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Einsatz innovativer Technologien der Baubranche nicht nur die Möglichkeit effizienter zu werden und somit die Wettbewerbsfähigkeit im nationalen und internationalen Kontext zu sichern, sondern eröffnet auch neue Geschäftsfelder und zusätzliche Wachstumsmöglichkeiten bietet. Building Information Modeling (BIM) ist von ausschlaggebender Bedeutung, um den Planungs- und Bauprozess energieeffizienter und nachhaltiger Gebäude zu unterstützen. Dies geschieht u. a. durch die zeitige, für die Erstellung eines Building Information Models (BIM) erforderliche, gemeinsame Festlegung sowohl der entsprechenden Eingabeparameter für die Geometrie als auch der technischen und umweltbezogenen Eigenschaften der entsprechenden Bauteile. Hierdurch lassen sich bereits relativ früh im Planungsprozess alternative Lösungsansätze für die optimale Abstimmung von Gebäudehülle und Gebäudetechnik zum Erreichen eines maximalen Nutzerkomforts bei möglichst geringem Einsatz nicht-erneuerbarer Energien entwickeln. Hieraus resultieren wiederum Vorteile sowohl für eine nachhaltige Umwelt als auch für den einzelnen Bürger als Endnutzer im Hinblick auf behagliche, gesunde und energieeffiziente Gebäude. Zudem kann durch Building Information Modeling (BIM) die lebenszyklusbasierte, gesamtheitliche Beurteilung alternativer Lösungsmöglichkeiten auch im Hinblick auf die Umsetzung geschlossener Kreisläufe im Bauwesen genutzt werden. Durch die genaue Kenntnis der Eigenschaften der verwendeten Baustoffe, Bauteile und Verbindungsarten wird die Umnutzung und Anpassung bestehender Gebäude, sowie die Wiederverwendung und -verwertung von Baustoffen und Bauteilen nach Ablauf der Lebensdauer maßgeblich verbessert. Die Dimension und die Herausforderungen der digitalen Transformation erfordern eine Zusammenarbeit und Zusammenführung von Kompetenzen auf verschiedenen Skalen. Für die erfolgreiche Implementierung und Gestaltung der Digitalisierung im Bauwesen bedarf es der Unterstützung und Zusammenarbeit auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen: der Wirtschaft, öffentlicher Institutionen, den Bildungseinrichtungen und der Politik. Die Einführung von BIM bildet eine wichtige Basis für die nachfolgenden tiefergreifenden Formen der Digitalisierung des Bauwesens, bei der insbesondere Formen des automatisierten Bauens im Sinne der Industrie 4.0 im Fokus stehen werden. Hier ist allerdings noch Grundlagenforschung erforderlich, bevor die Technologie die Praxisreife erreicht (vgl. Borrmann, Lang & Petzold, 2018).

Outro ^ 

Das war die Podcast Episode zu Building Information Modelling mit Alexander Oeckl und Christian Huber


Literaturverzeichnis ^ 

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  • Heindorf, V., 2010. Der Einsatz moderner Informationstechnologien in der Automobilindustrie. Wiesbaden: Gabler Verlag

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  • Jernigan, F., 2007. BIG BIM little Bim: The Practical Approach to Building Information Modeling Integrated Practice done the right Way! [ebook] Salisbury: 4Site Press

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  • Roland Berger GmbH. 2016. Digitalisierung der Bauwirtschaft. München: Roland Berger GmbH

  • van Nederveen, G., & F. Tolman, 1992. Modelling multiple views on buildings. In: Automation in Construction. 1(3). 215-224



Alle Literaturangaben sowie die Zitate wurden von den jeweiligen Studierenden erstellt. Diese folgen keinem einheitlichen Regelwerk und sind nicht auf Mängel geprüft. Die Urheberschaft für die Interview-Texte liegt bei den jeweiligen Studierenden.

 

 
Episode 1 - Herausforderungen Building Information Modeling (BIM). Christian Huber im Gespräch mit Alexander Oeckl
 

 

 

 

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