Sprache

das ist die Sprache der Wissenschaft


 

Diese Lektion behandelt wesentliche Aspekte einer wissenschaftlichen Sprache. Dabei werden die Besonderheiten einer objektiven wissenschaftlichen Sprache vorgestellt und Besonderheiten wie Abkürzungen behandelt. Ein eigener Bereich widmet sich der gendergerechten Sprache in wissenschaftlichen Texten.

Grundlagen der wissenschaftlichen Sprache benennen und ein Verständnis für gendergerechte Sprache im Kontext von wissenschaftlichen Texten entwickeln.

durchschnittliche Dauer der Lerneinheit: 20 Minuten



 

 

 

 


 

 

KISS (keep it short and simple) ^ 

Wissen-Grundsatz

Wissenschaftliche Texte sollen...

Aus diesen Grundsätzen ergeben sich für die Sprache die Anforderung KISS (keep it short and simple)!

Konkreter stehen folgende Aspekte für eine wissenschaftliche Sprache:

präzise Wortwahl ^ 

"man" oder "es" vermeiden. "viel", "kein" oder "immer" sind quantitative Mengen-Angaben, die in der Regel zu unpräzise sind. Alle diese Füllwörter sollten vermieden werden.

auf das Wesentliche beschränken ^ 

Die*der Autor*in sind angehalten sich bei jedem Wort zu fragen, ob dies wirklich zum Verständnis nötig und zur Beantwortung der Forschungsfrage dienlich ist. Füllwörter oder gar ganze Sätze, welche zu wenig Inhalt bieten, sind zu vermeiden. Dies betrifft auch phatische kommunikative Strukturen, die im normalen Sprachgebrauch die Kommunikation aufrechterhalten sollen.

Beispiele für schlechte Formulierung Verbesserung
Wie wir im folgenden Kapitel konkret sehen werden,... unnötig, daher entfernen
Hier soll im Grunde genommen gezeigt werden,... unnötig, daher entfernen
Aber bevor wir zu der eigentlichen Begriffsklärung kommen, empfiehlt es sich, in Kürze darzustellen,... unnötig, daher entfernen
Wenn man nun die Beispiele in dieser Serie analysiert,... unnötig, daher entfernen

Sätze, die ersatzlos gestrichen werden können, ohne den Inhalt zu beeinflussen, sollten gar nicht erst geschrieben werden.

Kohärenz und Konsistenz ^ 

Im Deutschaufsatz und im Roman wird ein Wechsel des Ausdrucks positiv bewertet und ist eine Monotonie nicht gewünscht. Anders in wissenschaftlichen Texten. Hier ist eine gleichartige, analoge Bezeichnung von einmal definierten Begriffen zwingend notwendig. In wissenschaftlichen Texten sollten daher keine Synonyme für Fachwörter oder gleiche Sachverhalte verwendet werden. Dies gilt auch - in etwas abgeschwächter Form - für den Satzbau (Syntax). Gleiche Vorgehensweisen können auch im Satzbau gleich dargestellt werden. Dies ist zum Beispiel bei der Quellenarbeit ein gutes Mittel um deutlich zu zeigen, dass eine Aussage / Erkenntnis von anderen Autor*innen stammt.

aktive und gut lesbare Sätze ^ 

Auch wenn der Nominalstil in wissenschaftlichen Texten weit verbreitet ist, wäre dieser weitestgehend zu vermeiden. Ebenso sind Relativsätze komplexe adnominale Partizipalien vorzuziehen. Aufgabe der Schlussredaktion ist es Sätze und Wörter zu streichen, die redundant oder inhaltsleer sind.

Beispiele für schlechte Formulierung Verbesserung
Es erfolgt eine Gewinnmaximierung. Der Gewinn wird maximiert.
..., was die Vergleichbarkeit erschwert. ..., was den Vergleich erschwert
Im Gegensatz zu den bisher genannten Arbeiten, in denen der Gebrauch von ... kaum berücksichtigt wird,... Im Gegensatz zu den bisher genannten Arbeiten, die den Gebrauch von ... kaum berücksichtigen,...

objektive Sprache ^ 

Wissen-Grundsatz

Ein wesentlicher Grundsatz der Wissenschaft ist die Objektivität. Dies kann auch als Basis für alle sprachlichen Formulierungen gesehen werden. Auch wenn es für die wissenschaftliche Sprache keine Normierung gibt, so lassen sich dennoch einige Grundsätze erkennen, die in vielen wissenschaftlichen Veröffentlichungen wiederzufinden sind.

Beispiele für schlechte Formulierungen Verbesserung
In Kapitel 3.2 wird versucht, dieses Problem zu lösen. Kap. 3.2 behandelt dieses Problem
Oben wurde schon angedeutet, daß ... . Was ist denn nun aber ... ? Dieser Frage wollen wir im nächsten Abschnitt nachgehen. In Kap. 3.2 war bereits dargestellt geworden, daß ... . Der nächste Abschnitt soll klären, ...
...wie oben zu zeigen versucht wurde... siehe Kap. 3.2

kein "Ich" ^ 

Autor*innen von wissenschaftlichen Texten vermeiden einen eigenen persönlich gefärbten Standpunkt oder eigene Meinungen. Meinungen und ein persönlich gefärbter Standpunkt sind nicht gleich zu setzen mit einem eigenen Fazit, das kritisch reflektiert ist. Ein eigenes Fazit basiert auf nachvollziehbaren Erkenntnissen und / oder Auswertungen und Analysen. Ein eigenes Fazit ist wesentlicher Bestandteil einer wissenschaftlichen Arbeit.

Anstelle des persönlichen "Ich" wird in wissenschaftlichen Texten in der dritten Person also von "die Verfasserin" oder "der Verfasser" beziehungsweise "die Autor*in" oder "der Autor" gesprochen. Dennoch wird in vielen Texten diese Aussage vermieden oder nur selten eingesetzt. Das oftmals als zu unpräzise wahrgenommene "man" oder "es" sollte nicht als Ersatz verwendet werden.

keine Erzählung ^ 

Wissenschaftliche Sprache soll objektiv, präzise und deren wesentlichen Inhalte schnell erfassbar sein. Ein erzählender (narrativer) Sprachstil wie in Romanen, der vielleicht sogar Spannung erzeugt, ist in wissenschaftlichen Texten nicht erwünscht.

Anführungszeichen ^ 

Anführungszeichen deuten immer und ausschließlich auf ein wörtliches Zitat hin. Nutzen Sie in Ihrer wissenschaftlichen Arbeit niemals Anführungszeichen um nur einen Ausdruck zu markieren! Sonst kann Ihnen hierfür ein Zitier-Fehler vorgeworfen werden.

Impuls / Aufgabe
Recherchieren Sie wissenschaftliche Artikel und Konferenz-Beiträge und reflektieren Sie, die vorgefundene Sprache. Entspricht diese den beschriebenen Anforderungen an eine wissenschaftliche Sprache?

Gendergerechte & vielfaltssensible Sprache ^ 

Gendergerechte Sprache

Gendergerechte Sprache ist heute in allen offiziellen Texten Standard. Hier geht es um Gleichberechtigung und Wertschätzung aller Menschen sowie das Aufbrechen bzw. Vermeiden von Rollenbildern unabhängig des Geschlechts. Unser Denken wird durch unsere Sprache beeinflusst. Überlegen Sie selbst, an welchen Personenkreis Sie zuerst denken bei Sätzen wie:

"Der Studiengangsleiter hat beschlossen."

"Die Putzfrau reinigt jeden Abend die Tische."

Die Verwendung nur einer Form denkt die andern Geschlechter nicht unbedingt mit. Versuchen Sie bei folgendem Satz ihre Assoziationen zu allen Geschlechtern zu reflektieren:

"Die Studiengangsleiterin hat beschlossen."

Welches Bild haben Sie jetzt als erstes vor Augen? Viele befragte Studierende denken beim 2. Satz zuerst an eine Frau. Haben Sie an einen Mann oder eine geschlechtlich nicht näher bestimmte Person in der Rolle der Studiengangsleitung gedacht? Machen Sie selbst das Experiment und versuchen Sie im Gespräch mit Freund*innen oder in der Familie für eine Zeit ausschließlich die weibliche Form zu verwenden. Welche Reaktion erhalten Sie von Ihren Zuhörer*innen? Fühlen sich hier auch Männer angesprochen?

Wichtig erscheint es, alle Personen unabhängig des Geschlechts in der Sprache einzubeziehen. Für diese demokratische Gleichberechtigung stehen die Grundzüge unserer Verfassungen und unseres heutigen Gesellschafts-Verständnis.

Im wissenschaftlichen Bereich führt eine gender- bzw. geschlechtergerechte wie auch eine vielfaltssensible Sprache zu einer besseren Differenzierbarkeit und Klarheit. Die männliche (oder weibliche) Form als universell für alle Geschlechter geltende Form zu verwenden, führt bei der notwendigerweise präzisen Ausdrucksweise in einer wissenschaftlichen Arbeit zu Fehlinterpretationen und damit zu einem Mangel. Dies ist in der deutschen aber auch französischen und spanischen Sprache anders gelagert als z.B. im Englischen oder Schwedischen. Das generischen Maskulin, im Sprachgebrauch für verschiedengeschlechtliche Gruppen oder Personen zu verwenden, deren Geschlecht nicht relevant oder nicht bekannt ist, unterscheidet sich nicht von der sexus-spezifischen männlichen Form. Es ist daher nicht immer eindeutig, ob das generische Maskulin oder die sexus-spezifischen männlichen Form Anwendung findet. Dadurch kommt es zu Unklarheiten (Genus-Sexus-Diskrepanzen) bei der*dem Leser*in oder Zuhörer*in.

Ein Argument - um keine gendergerechte und vielfaltssensible Sprache zu verwenden - ist bei vielen Autor*innen von wissenschaftlichen Arbeiten an Hochschulen Platzgründe. Eine von mir durchgeführte Untersuchung an 5 stichprobenartig ausgewählten Bachelor- und Masterarbeiten zeigt, dass sich bei der Nennung von beiden Geschlechtern der Text nur um maximal 0,3‰ verlängert. Bei einem Umfang von 90 Seiten wächst die Arbeit damit um etwa 1/4 Seite. Diese Argument kann so also nicht wirklich herangezogen werden.

Beispiele zur Reflexion:

Die Studenten und ihre Freunde.

Was assoziieren Sie zuerst, wenn Sie diesen Satz lesen? Sind es männliche Studenten und ihre männlichen Freunde, die Sie vor Augen haben? Oder Studentinnen und ihre Freundinnen? Oder eine viel-geschlechtliche Gruppe?

27% der Mitarbeiter sind unzufrieden mit der Gebäudetechnik.

Bezieht sich diese Aussage auf die männlichen Mitarbeiter oder auf alle Mitarbeiter*innen, so ist der Anteil an Unzufriedenen in der Gesamtbelegschaft sehr unterschiedlich. Für einen notwendiger weise präzisen wissenschaftlichen Text ist dies daher zu ungenau. "27% aller Mitarbeiter*innen sind unzufrieden mit der Gebäudetechnik" oder "27% der Belegschaft ist unzufrieden mit der Gebäudetechnik" stellen hingegen klar, von welcher Grundgesamtheit auszugehen ist.

Achtung: Fehler durch unpräzise Formulierung

Obwohl im Text nicht darauf geachtet wurde, sowohl die weibliche als auch die männliche Form zu verwenden, beziehen sich bei Nichtbeachtung die Angaben auf Angehörige beider Geschlechter.

Dieser Vorspann zur "Entschuldigung" des undifferenzierten Gebrauchs der Geschlechtsbezeichnung ist zu unpräzise, da der Inhalt bzw. das Ergebnis der wissenschaftlichen Arbeit, dann von der Interpretation der Leser*innen abhängt und nicht mehr eindeutig ist. Dies ist ein Verstoß gegen die notwendige präzise Sprache in wissenschaftlichen Texten.

Empfehlung für Verwendung gendergerechter & vielfaltssensibler Sprache in wissenschaftlichen Texten

Ich raten Ihnen bei wissenschaftlichen Texten und dort wo eine präzise Differenzierung notwendig ist, gendergerechte & vielfaltssensible Sprache zu verwenden.

häufig verwendete Formen ^ 

im Folgenden werden übliche Formen gendergerechter & vielfaltssensibler Sprache mit Beispielen sowie deren Vor- & Nachteilen bzw. Herausforderungen dargestellt.

Paarform / Doppelnennung ^ 

die Paarform bzw. Doppelnennung wird aufgrund seiner fehlenden Vielfalt der Geschlechtsidentitäten nicht mehr empfohlen

die Studentin und der Student

die Autorinnen und die Autoren

der Professorin und des Professors

der Mitarbeiterin und des Mitarbeiters

Vorteil Nachteil
Vermeidung von Missverständnissen Text wird etwas länger (Analyse bei 5 zufällig ausgewählten wissenschaftlichen Arbeiten ergab eine max. Erweiterung des Textes um 0,3‰)
beide Formen werden mitgelesen diese Form manifestiert die Zweigeschlechtlichkeit
der Doppelpunkt : hat gegenüber dem "Asterix" * den Vorteil, dass computerbasierte Sprache diesen besser "mitlesen" kann, zudem erscheint er Textfluss optimierter

neutrale Form ^ 

eine neutrale Formulierung erscheint in akademischen Texten aber auch jeglicher Kommunikation als ein gut geeignetes Mittel um kurz und gleichzeitig keine Identität weglassend zu formulieren

die Studierenden

die Autorenschaft

die Lehrenden

die Mitarbeitenden

Vorteil Nachteil
Vermeidung von Missverständnissen Personen werden neutralisiert und zu Objekten
kurz

Binnen-I ^ 

das Binnen-I wird aufgrund seiner fehlenden Vielfalt der Geschlechtsidentitäten nicht mehr empfohlen

die StudentIn

die AutorInnen

der ProfessorIn (Genetiv)

der MitarbeiterIn

Vorteil Nachteil
kurz beim Lesen wird nur die weibliche Form gelesen
diese Form manifestiert die Zweigeschlechtlichkeit

Gender_Gap / Gender*Stern / Gender:Doppelpunkt ^ 

die_der Student_in

die*der Student*in

die:der Student:in

die Autor_innen

die Autor*innen

die Autor:innen

der Professor_in (Genetiv)

der Professor*in (Genetiv)

der Professor:in (Genetiv)

der Mitarbeiter_in

der Mitarbeiter*in

der Mitarbeiter:in

Vorteil Nachteil
kurz grammatikalische Schwierigkeiten (z.B. beim Genetiv)
unterschiedliche Geschlechter werden angesprochen schwieriger in der mündlichen Sprache umzusetzen (Lösung: stimmloser glottaler Verschlusslaut)
einige "gaps" sind nur bedingt barrierefrei z.B. bei der Verwendung von Sprachsoftware; der Doppelpunkt zeigt sich hierbei als vielfach kompatibel die gesprochene Sprache umzusetzen
Impuls / Aufgabe
Finden Sie (deutschsprachige) Texte, welche gendergerechte Sprache verwenden und analysieren Sie die Art sowie die Verwendung der gendergerechten Bezeichnungen.

Literatur ^ 


 

 

cc-by-sa | Christian Huber | 29.04.2021 | Impressum | Datenschutz