Wissenschaft

die Grundlage für eine akademische Ausbildung


 

Diese Lektion stellt wesentliche Aspekte der Art und Weise von Wissenschaft und wissenschaftlichem Arbeiten dar. Dabei werden die Grundsätze von Wissenschaft und wissenschaftlichem Arbeiten dargestellt sowie die Verbindung zur Anwendung in der (Berufs-)Praxis vorgestellt.

Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens beschreiben und formale Aspekte benennen.

durchschnittliche Dauer der Lerneinheit: 20 Minuten



 

 

 

 


 

 

Was ist Wissenschaft? ^ 

Die Vorstellungen von Wissenschaft sind landläufig unterschiedlich. Machen Sie sich auf die Suche nach Ihren aktuellen, eigenen Vorstellung davon, was Wissenschaft und wissenschaftliches Arbeiten ausmacht. Sie sind im Alltag auf vielfältige Weise mit wissenschaftlichen Erkenntnissen konfrontiert. Was ist Wissenschaft und was nicht?

Impuls / Aufgabe
Stellen Sie die aus Ihrer Sicht wesentlichen Grundzüge von Wissenschaft zusammen. Sie brauchen dazu keinen Desktop-Research im Internet. Es geht hier nicht um richtig oder falsch, sondern um Ihre aktuelle und persönliche Einschätzung.

Was ist Wissenschaft für Sie? Brainstormen Sie und machen Sie sich Notizen, was für Sie Wissenschaft bedeutet. Lesen Sie dafür - im ersten Schritt - keine weitere Literatur und sehen Sie sich keine Erklärvideos zu diesem Thema an. Finden Sie Antworten für sich aus aus Ihrem aktuellen Erfahrungshorizont.

Grundsätze von Wissenschaft ^ 

Grundsatz von Wissenschaft

Im Folgenden finden Sie wesentliche Kriterien oder auch Grundsätze von Wissenschaft. Lesen Sie sich diese durch und reflektieren Sie Ihre eigenen Überlegungen. Wo haben Sie - vielleicht mit anderen Worten - genau den gleichen Aspekt genannt? Wo weichen Ihre Einschätzungen von den im Folgenden dargestellten und in der Wissenschaft anerkannten Grundsätzen ab?

Wissenschaft ist...

  • Allgemeingültiger Erkenntnisgewinn: In wissenschaftlichen Arbeiten wird ein allgemeiner oder verallgemeinerbarer Sachverhalt bearbeitet. Dies ist wichtig und der Unterschied zu einem Einzel-Gutachten. Wird eine Fragestellung oder Hypothese anhand eines Fallbeispiels beantwortet bzw. überprüft, so muss sichergestellt werden, dass dies ein Fallbeispiel ist, das beispielhaft für eine Vielzahl von Objekten steht.

  • Wahrheitsüberprüfung durch Logik & Empirie: Die Beantwortung einer Fragestellung oder die Überprüfung einer Hypothese erfolgt mit Hilfe von vernünftigem Schlussfolgern und/oder durch die methodisch-systematische Sammlung und Analyse von Daten

  • Nachprüfbarkeit: Die Beweisführung erfolgt intersubjektiv, d.h. ein komplexerer Sachverhalt ist für mehrere Betrachter:innen gleichermaßen erkennbar und nachvollziehbar. Da der absolute Anspruch der Objektivität selten bis gar nicht einzuhalten ist, spricht man heute eher von Intersubjektivität

Impuls / Aufgabe
Reflektieren Sie die Bedeutung von "intersubjektiv" im Vergleich zu "objektiv" und "subjektiv". Recherchieren Sie im Internet nach Definitionen dazu.

Intersubjektivität


wissenschaftliche Arbeit vs. Erörterung vs. Gutachten ^ 

Wissenschaftliche Arbeiten haben Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Gutachten. Aber auch die in Schulen häufig angewendete Form der Auseinandersetzung mit Themen - die Erörterung - unterscheidet sich in einigen Punkten von der wissenschaftlichen Arbeit. Im Folgenden sind Erörterung, Gutachten bzw. gutachterliche Stellungnahmen und wissenschaftliche Arbeiten miteinander verglichen:

Erörterung Gutachten / gutachterliche Stellungnahme wissenschaftliche Arbeit
Ziel Urteilsbildung / Überzeugung für die Leser:innen Beurteilung eines Geschehens, eines Zustandes oder eine Maßnahme Allgemeiner Erkenntnisgewinn einer Forschungslücke
Grundsätze Argumentation um eigenen Standpunkt zu beweisen vertrauenswürdige Beurteilung / Stellungnahme für Fragestellungen Methoden
Anwendungsfall verallgemeinerbar Einzelfall verallgemeinerbar
Beweisführung
  1. These / Antithese
  2. Argumentation
  3. Folgerung
Gutachten:
  1. Tatsachen
  2. Schlussfolgerungen

gutachterliche Stellungnahme kann auch ohne Dokumentation de Ergebnisse und ohne Prüfung der herangezogenen Aussagen Dritter erfolgen
  1. Forschungsfrage / Hypothese
  2. Beweisführung
  3. Erkenntnisse
eigener Standpunkt notwendig, meist im Schlussteil nach der Gegenüberstellung der Interpretation der Argumente verbindliche Stellungnahme von Sachverständigen nicht vorgesehen
Sprache sachlich mit rhetorischen Stilmerkmalen sachlich sachlich
Quellen
  • Sekundär-Daten
  • Forschungsergebnisse
  • Zeitungsartikel
  • bekannte Tatsache
  • Wertvorstellungen
  • Aussagen & Meinungen
  • eigene Argumente
  • Beispiele
  • Gesetze, Normen & Richtlinien
  • Tatsachen
  • Aussagen Dritter
  • "Stand der Technik"
  • Messwerte, (Berechnungs-)Daten & Parameter
spezifisch je nach gewählter Methodik

Vorteile für den Beruf ^ 

Wissenschaft vs. Praxis

Vielleicht haben Sie sich schon gefragt, warum Sie denn unbedingt dieses wissenschaftliche Arbeiten machen müssen. Eine weit verbreitete Meinung ist, dass Wissenschaft und Praxis erst mal nichts miteinander zu tun haben. Vor Allem, wenn Sie bereits arbeiten und im Berufsleben stehen, finden Sie wissenschaftliche Literatur vielleicht wenig tauglich um ihre täglichen Probleme zu lösen.

Durch Ihre wissenschaftliche Arbeit haben Sie gelernt...

  1. aus der Vielzahl an Möglichkeiten in kurzer Zeit eine Auswahl zu treffen
  2. sich für ein Thema und eine Forschungsfrage zu entscheiden (und bei dieser Wahl zu bleiben)
  3. ein Thema intensiv zu bearbeiten (kann nicht jede:r, gerade weil es über die gesamte Zeit nicht immer einfach ist "am Ball" zu bleiben)
  4. Inhalte fundiert zu recherchieren (und nicht nur dem erstbesten Hit der Suchmaschine folgen)
  5. aus einem lange Texte schnell zu lesen und herausfinden, welche Inhalte für Sie relevant sind (das Wesentliche aus einem unüberschaubaren Informations-Chaos zu extrahieren, ist ein wichtiger Social Skill für alle Lebensbereiche)
  6. Inhalte kurz zusammenzufassen (,denn genau das müssen Sie beim Zitieren eines langen Textes machen)
  7. sachlichen Sprachstil anzuwenden ohne Ausschmückungen, präzise und so knapp wie möglich (auch z.B. für Protokolle und Gutachten im Beruf wichtig)
  8. verschiedene Meinungen gegenüberzustellen und zu bewerten (und bleiben so nicht ausschließlich in Ihrer "Community-Blase")
  9. Quellen anzugeben und damit nachvollziehbar und fundiert überzeugen
  10. selbständig um Coaching zu bitten (nur wenn Sie Fragen stellen bzw. Ihre Entwürfe teilen, kann Ihnen geholfen werden)
  11. mit Feedback Ihre Arbeit zu optimieren (gerade bei einer intensiven Beschäftigung mit einem Thema ist das Annehmen eines Feedbacks nicht immer leicht)
  12. vorausschauend Zeiten einzuteilen und sich an vorgegebene Zeiten halten (die vorausschauende Zeiteinteilung der einzelnen Aufgaben ist auch im Berufsalltag wichtig)
  13. vorgegebene Rahmenbedingungen einzuhalten (auch wenn diese vielleicht nicht als "schön" empfunden werden)
Impuls / Aufgabe
Reflektieren Sie inwieweit die oben aufgezählten Punkte Ihr Verständnis von wissenschaftlichem Arbeiten verändert haben.

Grundsätze für wissenschaftliche Arbeiten ^ 

Grundsatz für wiss. Arbeiten

Wissenschaftliche Arbeiten zeichnen sich daher durch folgende Grundzüge aus:

Beschreibung
Lean Text
  • Beschränkung auf das Wesentliche
  • Übersichtlichkeit
  • Sprache ist sachlich, präzise, verständlich, knapp nicht erzählend oder ausschmückend sowie kein synonymer Wechsel von Wörtern & Ausdrücken, die einmal definiert wurden
Logik & Konsistenz
  • Logische Ordnung (Gliederung)
  • Einhaltung eines einmal gewählten Formats und Kennzeichnungsmusters
Leser:innenorientierung
  • Leichtes Erfassen und Verständnis für die Leser:innen
  • Kurze und knappe Ausdrucksweise
  • Roter Faden = leichte Lesbarkeit

1

Impuls / Aufgabe
Leiten Sie den Neologismus "Lean Text" aus dem Kontext von Lean Management ab. Welche Parallelen können Sie entdecken? Wo lässt sich - aus Ihrer Sicht - die Idee von Lean Management auf wissenschaftliche Arbeiten übertragen?

Schlussfolgerungen in der Wissenschaft ^ 

Aristoteles:Deduktion vs. Sherlock Holmes:Induktion

Die Wahrheitsüberprüfung erfolgt in der Wissenschaft durch Logik & Empirie. Dies bedeutet, dass die Beantwortung einer Fragestellung oder die Überprüfung einer Hypothese zum Beispiel mit Hilfe von vernünftigem Schlussfolgern erfolgt. Für dieses Schlussfolgern gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Verfahren:

Deduktion...

wird die Vorgehensweise genannt, wenn vom Allgemeinen auf das Besondere geschlossen wird.

Induktion...

bezeichnet die umgekehrte Vorgehensweise. Hier wird vom Besonderen auf das Allgemeine geschlussfolgert.

Gute weiterführende Erklärungen für diese beiden Vorgehensweisen finden sich auch auf Wikipedia (Deduktion, Induktion).


Arten von wissenschaftlichen Arbeiten ^ 

Zur bessern Übersicht und zum einfachen Verständnis werden im folgenden zwei Arten von wissenschaftlichen Herangehensweisen dargestellt.

Literaturarbeit

Eine Literaturarbeit klärt eine Forschungsfrage oder Hypothese mit Hilfe von Literatur. Die Literatur ist also Grundlage und Datenbasis für die wissenschaftliche Arbeit. So können z.B. die Sichtweisen verschiedener Autor:innen zu einem Forschungsbereich geklärt oder Einblick in den Stand der Forschung oder der Diskussion geben werden. Zu empfehlen sind strukturierte Herangehensweisen bei der Literaturrecherche wie z.B. beim systematischen Literaturüberblick.

Empirische Forschung (Praxisarbeit)

Hier dienen erhobene Daten und Beobachtungen als Grundlage der Beantwortung der Forschungsfrage oder Überprüfung der Hypothese. Diese Daten werden erhoben, gesammelt, systematisiert, ausgewertet und interpretiert. Dabei unterscheidet man zwischen einer qualitativen und quantitativen Forschung. Beispiele für eine empirische Methode sind Befragungen aber auch das Arbeiten mit Datensätzen.

Impuls / Aufgabe
recherchieren Sie wissenschaftliche Arbeiten und reflektieren Sie um welche Art aus obiger Definition es sich hierbei handelt.

Bachelor- vs. Master-Arbeit ^ 

Die Arbeit unterscheiden sich nicht nur im Umfang, sondern auch im Grundverständnis des Inhaltes. Etliche Aspekte sind jedoch identisch:

Merkmal Bachelor-Arbeit Master-Arbeit
Ziel Bachelor-Arbeiten fassen vorhandenes Wissen zusammen, hinterfragen und überprüfen dies eine Masterarbeit hat einen Forschungs-Anspruch. Für die Fach-Community sollen neue Erkenntnisse entstehen. Dafür muss der (internationale) Stand der Forschung dargestellt und eine Forschungslücke herausgearbeitet werden.
Forschungslücke nicht erforderlich unbedingt notwendig
Methoden Literaturarbeit, empirische Methoden Methodenmix, empirische Methoden
Quellenarbeit zwingend notwendig: die Argumentation und Beweisführung basiert auf Quellen und Daten, welche deutlich und nachvollziehbar dargestellt werden müssen zwingend notwendig: die Argumentation und Beweisführung basiert auf Quellen und Daten, welche deutlich und nachvollziehbar dargestellt werden müssen
Leitfaden / Handbuch / Gutachten nein! nein!
Veröffentlichung nein ja (bei geschützten Inhalten: Sperrung der Veröffentlichung für 5 Jahre möglich)

3 Phasen einer wissenschaftlichen Arbeit ^ 

Bis zur fertigen wissenschaftlichen Arbeit braucht es mehrere Schritte. Im Folgenden sind 3 Meilensteine von der Themenfindung bis zur Schlussredaktion, also vom Start bis zur fertigen Arbeit beschrieben. Im Zentrum steht die Notwendigkeit, das Wissen in den verschiedenen Phasen zu sammeln, zu kategorisieren und jederzeit zur Verfügung zu haben (Wissens-Pool). Dieser kann aus ein Buch bzw. Heft wie ein Forschungsbuch sein, in das alle Überlegungen, Informationen und Erkenntnisse aufgeschrieben werden. Natürlich geht das auch in einem Ordner, doch bei vielen losen Blättern braucht es zusätzlich Sorgfalt, tatsächlich alles Aufgeschriebene auch abzuheften.

  1. Themenfindung: Der erste Meilenstein, die erste Phase ist alles rund um die Themenfindung. Die erste Wahl ist der Themenbereich. Dieser ist noch sehr weitläufig. Wichtig dazu ist ein Problem bzw. eine Problemstellung. Gleichzeitig gilt es erste Literatur zu sichten. Ein erster Überblick der Forschungs-Literatur zeigt schnell, ob wie andere das Thema angegangen sind (Methoden, Ergebnisse, ...) und welche Fragestellungen evtl. noch nicht behandelt wurden. Wichtig ist es hierbei die zuerst grobe Forschungsfrage immer stärker einzugrenzen und zu fokussieren (weitere Informationen zu Forschungsfragen finden sich im Kapitel Forschungsfragen). Am Ende dieser Phase steht das Konzept, meist in Form eines Exposés. Dabei wird die Forschungsfrage festgelegt und Ziele, die nicht Inhalt der Arbeit sein sollen oder können formuliert (Nicht-Ziele). Wichtig ist auch eine Forschungs-Struktur und die selbstkritische Überlegung, welche Daten zur Verfügung stehen bzw. im Zeitraum der Forschung erhoben werden können. Ein Zeitplan mit entsprechenden Pufferzeiten für Unvorhergesehenes sollte ebenfalls immer Teil des Konzeptes sein.

  2. Vertiefung & Forschung: Wenn das Thema und die Fragestellung festgelegt sind, erfolgt die vertiefende Literaturrecherche und -analyse. Dabei geht es zuerst darum Begriffe zu klären, damit diese einheitlich festgelegt und definiert sind. Die eigene Forschung wird immer mit den Ergebnissen der Literatur und mit anderen Forschungserkenntnissen überprüft. Das kann die eigene Forschung optimieren und vertiefen. Dies ist oftmals ein iterativer Prozess. Als Ergebnis dieser Phase stehen Zitate aus der Literatur, die im besten Fall in einem Literatur-Management- bzw. Literatur-Verwaltungs-Tool gesammelt werden. Zudem liegen am Ende dieser Phase die analysierten und interpretierten Ergebnisse der eigenen Forschung vor.

  3. Zusammenfassen & Schlussredaktion: In der letzten Phase werden die Vorgehensweise / Durchführung sowie alle Erkenntnisse zusammengefasst. Dabei helfen die bereits in den vorhergehenden Phasen geschriebenen Textbausteine z.B. in Form von zusammengefassten und geordneten Zitaten. Kurz vor Ende, geht es an die schlussredaktion. Hier werden Texte zusammengefügt und überarbeitet. Auch ein mehrmaliges Korrekturlesen ist hier notwendig, bevor die Arbeit abgegeben bzw. veröffentlicht wird.

3 Phasen bzw. Meilensteine einer wissenschaftlichen Arbeit


Literatur ^ 


  1. Vgl. KOPP, W., 2010. Studienarbeiten interaktiv. Berlin: Erich Schmidt Verlag. S.20 


 

 

cc-by-sa | Christian Huber | 20.02.2021 | Impressum | Datenschutz